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Stadt Sinsheim

Stadtteil Steinsfurt

Rund vier Kilometer südöstlich von der Großen Kreisstadt säumt Steinsfurt beide Ufer der Elsenz. Der Ortsname spiegelt diese geografische Lage wider, denn die „steinerne Furt“ bezeichnet einen befestigten Flussübergang.

1915 wurde in Steinsfurt der bedeutende Fund eines vollständig erhaltenen Skelettes einer ungepanzerten Pflasterzahnechse „Placodus gigas“ gemacht. Das etwa 1,5 Meter lange Reptil lebte vor rund 240 Millionen Jahren und ernährte sich im flachen Gewässer von Schalentieren und Muscheln, die es mit seinen pflasterartig angeordneten Backenzähnen aufbrach. Der Originalfund befindet sich im ‚Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum‘ in Frankfurt am Main und gilt heute noch als einziger Fund eines fast vollständigen Skeletts dieser Gattung auf der Welt.

In Steinsfurt waren es in der Steinsfurter Gemarkung vor allem die Römer, die ihre Spuren hinterlassen haben. Der Pfarrer und Altertumsforscher Karl Wilhelmi untersuchte 1831 und 1834 Reste einer römischen villa rustica auf dem Dörntelsberg. Im November 1959 wurden in Sinsheim-Steinsfurt bei Bauarbeiten zahllose Fragmente einer Jupitergigantensäule und Reste eines römischen Gutshofes gefunden. Bis auf den fehlenden Kopf konnten Ross und Reiter aus den Einzelteilen wiederhergestellt werden. Das Kapitell wird geschmückt von Darstellungen der vier Jahreszeiten. Nach den Proportionen wird die ursprüngliche Höhe der Säule auf acht bis neun Meter geschätzt. Der spektakuläre Fund und die hohe künstlerische Qualität lässt vermuten, dass Steinsfurt eine wichtige Rolle in der römischen Besiedlungszeit einnahm.

Steinsfurt ist bislang erstmalig in der Urkunde bezeugt, die 1100 offiziell die Gründung des Benediktinerklosters auf dem Sinsheimer Michaelsberg und dessen Verbindung mit dem Speyerer Bistum bestätigt. Stifter war Bischof Johannes, der letzte noch lebende Graf des Elsenzgaus. „Steinvort“ war eines der mit dem Kloster übereigneten Dörfer. Als Lehensherr trat der Bischof von Worms in Erscheinung. Das Kloster bzw. spätere Stift Sinsheim, dessen Vogtei im 14. Jahrhundert die Kurpfalz übernahm, musste die Ortsherrschaft mit mehreren lokalen Adelsfamilien, unter anderem mit den Herren von Neuhaus, teilen. Eine geschickte Kauf- und Tauschpolitik sicherte dem Stift Sinsheim schließlich im 16. Jahrhundert die alleinige Herrschaft in Steinsfurt. Neben zehn Höfen und vier Gütern gehörten auch eine Mühle, Kelter, Schäferei und Ziegelhütte zum Stiftsbesitz. Es verwundert demnach kaum, dass als Erinnerung an diese ehemals enge Bindung zwischen Dorf und Kloster dessen Patron, der Erzengel Michael, im späteren Gemeindewappen auftaucht. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde das Stift 1649 aufgelöst, und die Ortsherrschaft in Steinsfurt ging größtenteils auf die Kurpfalz über.

Am 5. August 1730 schlug der Fluchtversuch des Kronprinzen Friedrich, der später den Namenszusatz der Große tragen sollte, in Steinsfurt fehl. Der historische Gutshof „Lerchennest“ in dem er Unterschlupf, erinnert heute an das Leben des preußischen Königs und beleuchtet verschiedene Aspekte der Ortsgeschichte in wechselnden Ausstellungen. 1806 fiel der Ort an das Großherzogtum Baden.

In Steinsfurt gab es seit dem 18. Jahrhundert eine jüdische Gemeinde, die 1893 die heute noch im Ortsbild erhaltene Synagoge erbaute. Nur durch Zufall und die Umnutzung ab 1938 konnte das Gebäude den Zerstörungen der Reichsprogromnacht entgehen. Der Verein Alte Synagoge Steinsfurt e.V. kümmert sich um Erhalt des wertvollen Denkmals und um die Erforschung der ehemaligen jüdischen Bevölkerung. In einem imposanten Fachwerkbau aus dem 16. Jahrhundert fanden 1661 die aus der Schweiz geflohene Minderheit der Mennoniten einen Ort zur Religionsausübung. Die katholische Kirche St. Peter ist ein Saalbau von 1803 mit klassizistischer Ausstattung. Steinsfurt weist eine hohe Zahl von Fachwerkbauten aus historischer Zeit auf. Die gute Ausstattung an Schulen und Geschäften des täglichen Bedarfs macht den Stadtteil vor allem für Familien attraktiv. Aktuell leben 3312 Menschen in dem bevölkerungsreichsten Stadtteil Sinsheims.

Einführende Literatur:

Hartmut Riehl: Auf den Spuren der Adelsgeschlechter in Sinsheim, Sinsheim 2020

Zimmermann-Ebert, Käthe: Grosse Kreisstadt Sinsheim: rund um den Steinsberg, hrsg. von der Großen Kreisstadt Sinsheim, Karlsruhe/ Sinsheim 1990

Appenzeller, Hans: Ortschronik Steinsfurt. Von der Entstehung bis zur Gegenwart, Bd. IV, Sinsheim 2000

http://www.sinsheim.de//steinsfurt/geschichte