Familie Blum auf Entdeckungsreise in die Vergangenheit
Projekt zur Erinnerungskultur in Sinsheim schafft Kontakte
Für Peter Alan Blum war es nicht die erste Reise nach Sinsheim. Bereits 1991 begleitete er als Teenager seinen Vater Michael in die Stadt, wo der Urgroßvater Karl Blum seit 1866 ein Geschäft für Stoffe, Herren- und Damenkonfektion sowie Schirme betrieben hatte. Die jüdische Kaufmannsfamilie Blum war ursprünglich in Weiler ansässig. Karl Blum und seine Ehefrau Dina zogen sieben Kinder groß, darunter Nathan Robert, Miteigentümer des Geschäfts. Die Familie verließ im Laufe der Zeit Sinsheim und insbesondere aufgrund der nationalsozialistischen Repressalien nach 1933 Deutschland. Nathan Roberts zweitjüngster Sohn Karl Peter Blum reiste zunächst nach England aus, um sich schließlich in Südafrika niederzulassen. Dessen Sohn Michael, Peter Alans Vater, kam über London, wo er seine spätere Ehefrau kennenlernte, Mexiko und Kanada schließlich in die USA.
Bei dem ersten Aufenthalt in Sinsheim vor mehr als dreißig Jahren empfing der Heimatforscher Wilhelm Bauer die Blums und gab ihnen Auskunft über die Familiengeschichte. Nun begaben sich Peter Alan Blum, seine Ehefrau und ihre beiden Söhne von Kalifornien aus erneut auf Spurensuche. Im Vorfeld des Besuchs hatte Peter Alans Onkel Harro Grabolle aus Heidelberg Kontakt zum Stadtarchiv Sinsheim aufgenommen, um sich nach Anhaltspunkten für die zweite Entdeckungsreise zu erkundigen. Wie es der Zufall will, entsteht momentan am Stadtarchiv das Projekt „Digitale Erinnerungsorte“, wobei auf einer interaktiven Karte unter anderem die Lebensmittelpunkte der jüdischen Bevölkerung von Sinsheim erfasst und deren Geschichten rekonstruiert werden. Wiltrud Flothow, die ehrenamtlich zum Gelingen des Vorhabens beiträgt, konnte etliche Dokumente mit Bezug zur Familie Blum zusammenstellen. Dazu gehören Einträge in standesamtlichen Unterlagen, Grund- und Versicherungsbüchern, Artikel aus der Lokalzeitung sowie eine historische Fotografie des Geschäfts- und Wohnhauses in der Hauptstraße, worauf auch Karl und Dina Blum, deren Sohn Nathan Robert und die jüngste Tochter Johanna verewigt sind.
Peter Alan Blum und seine Familie bestaunten die originalen Zeugnisse in den Räumen des Stadtarchivs, wo sie dessen Leiter Dr. Marco Neumaier begrüßte. Wiltrud Flothow erläuterte die Quellen. Anschließend zeigte sie gemeinsam mit ihrem Ehemann Christhard den amerikanischen Gästen auf einem Rundgang durch die Stadt neben dem Grab des Ehepaares Karl und Dina Blum die Orte, wo die früheren Generationen der Blums lebten, arbeiteten und zur Schule gingen. Peter Alan Blum freute sich sehr über die neuen Erkenntnisse zur Geschichte seiner Vorfahren und stellte in Aussicht, Fotos aus dem Familienbestand für die Nutzung in „Digitale Erinnerungsorte“ beizusteuern.
Durch das Projekt zur Erinnerungskultur in Sinsheim konnten nach dem letztjährigen Besuch von Prof. Bernard Wolf nun ein weiteres Mal Bande zu Nachkommen jüdischer Mitbürgern, die in ihrer Zeit die städtische Gesellschaft bereichert hatten und oftmals unfreiwillig ihre Heimat verlassen mussten, geknüpft werden.
An einer ehrenamtlichen Projektmitarbeit Interessierte können gerne per E-Mail oder telefonisch unter Telefonnummer: 07261 404-355 Kontakt zum Stadtarchiv Sinsheim aufnehmen.